Der anhaltende Einfluss von Gehry Technologies auf die Branche
Das Unternehmen des legendären Architekten schreibt Geschichte und zeigt, wie Technologie bei der Überwindung von Projekthürden helfen kann und für Innovation sorgt
Neben Frank Gehry gibt es nur wenige Architekten, deren Bauwerke so viel Ästhetik ausstrahlen.
Frank Gehry ist einer der bekanntesten und angesehensten Designer des vergangenen Jahrhunderts. Der Einfluss des in Kanada geborenen Architekten beruht hauptsächlich auf seinem charakteristischen Doppelkurven-Stil, wodurch seine Bauten kunstvoll drapiertem Stoff oder glänzenden Wellen gleichen.
Vermutlich sind die meisten Betrachter beim Anblick eines Gehry-Bauwerks zutiefst beeindruckt. Wenn sie aber herausfinden, wie teuer ein solches Baukunstwerk ist, dürften einige entsetzt sein.
Die Kosten dieser komplexen Kurven, die Gehry weltweite Auszeichnungen bescherten, sind gravierend: Laut Priceonomics liegen sie bis zu fünfmal höher als bei Gebäuden, deren Kurven in nur eine Richtung verlaufen.
Welche Rolle spielt Technologie in historischen Gehry-Projekten
2002 rief Gehry sein Unternehmen Gehry Technologies ins Leben. Er war fest entschlossen, einen Weg zu finden, seine außergewöhnlichen Projekte kosteneffizienter umzusetzen. Das in Los Angeles ansässige Software- und Beratungsunternehmen konzentrierte sich insbesondere auf die Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen im Bereich 3D-Design. Dabei sollten Verfahren aus der Luft- und Raumfahrttechnik sowie der Automobilindustrie zum Einsatz kommen.
Diese Innovationen gehen eigentlich auf das von Gehry konstruierte Guggenheim-Museum in Bilbao zurück, das 1997 fertiggestellt wurde.

Das Bauwerk im spanischen Bilbao zählt zu Gehrys herausragendsten Entwürfen und gehört zu den berühmtesten Gebäuden auf der ganzen Welt. In einer Umfrage von Vanity Fair, bei der 52 Experten nach dem einflussreichsten Architekturobjekt seit 1980 befragt wurden, erreichte das Guggenheim-Museum den ersten Platz.
Das Projekt ist Zeichen eines historischen Meilensteins im Bereich Design und markiert zugleich den bedeutenden Moment einer sich neu entfaltenden Zusammenarbeit in den Gebieten der Technologie, des Bauwesens und der Architektur.
Gehrys Vision für Bilbao wurde durch das Softwaresystem CATIA überhaupt erst realisierbar. CATIA wurde ursprünglich 1977 von der Firma Dassault Systèmes für den Entwurf des Mirage-Kampfjets entwickelt und war von Gehry und seinem Team schon für ein früheres Projekt eingesetzt worden.
Im Rahmen der Olympischen Spiele 1992 in Barcelona versuchte Gehry eine Fisch-Skulptur mit mehreren Kurven zu konstruieren. Der Auftragnehmer des Projekts war jedoch auf die Arbeit mit 2D-Modellen beschränkt. Folglich war der Auftragnehmer nicht in der Lage, Gehrys tektonische Vision umzusetzen, ohne dass sich das Gebilde unter seinem eigenen Gewicht verbogen hätte.
Laut einem Interview mit Vanity Fair aus dem Jahr 2010, wandte Gehry sich daraufhin an sein Team, um herauszufinden, ob das Problem nicht mithilfe von Computern gelöst werden könnte. Letztendlich konnte das Projekt mithilfe des CAD-Systems CATIA rechtzeitig und im Rahmen des Budgets fertiggestellt werden.
Digitalisierung physischer Modelle
Bei der Realisierung des Guggenheim-Museums in Bilbao, das fünf Jahre später eröffnete, spielte CATIA dann eine noch entscheidendere Rolle.
Gehry hatte vor, das Museum aus Titan zu erbauen, aber der Preis für Titan war doppelt so hoch wie der für Stahl. Der Architekt und sein Team sahen jedoch eine Möglichkeit, wie sie das Projekt trotzdem mit ihrem Wunschmaterial Titan und sogar innerhalb des Budgets verwirklichen konnten: Sie fanden heraus, dass eine Struktur aus Titan, falls korrekt erbaut, nur halb so dick sein musste, wie bei vergleichbaren Gebilden aus Stahl.
Zuerst stellte das Team ein physisches Modell des Gebäudes her, das anschließend mit einem Digitalisierungsgerät gescannt wurde. Die aus diesem Verfahren resultierenden Daten wurden in CATIA eingegeben.
Die Software erstellt die Modelle mithilfe parametrischer Vektorkurven und 3D-Oberflächen. Die Parameter der Kontrollpunkte des Programms werden durch mathematische Funktionen festgelegt. Daher war es Gehrys Team möglich, die Daten des Modells so zu bearbeiten, dass es am Ende einem realen, präzisen Maßstab entsprach. Später verwendete der beim Projekt mitwirkende Auftragnehmer Permasteelia diese CATIA-Dateien, um die berühmten Titanplatten auszuschneiden, aus denen die Fassade des Museums entstand.
Durch diese Bauprojekte erkannte Gehry, wie sehr sein Schaffen von der eingesetzten Technologie profitierte und entschied daraufhin, Gehry Technologies weiter auszubauen.
Eine papierlose Zukunft dank 3D-Modellen
Das Unternehmen stellte nicht nur die Software-Lösung CATIA zur Verfügung, sondern entwickelte zudem die Datenverwaltungssoftware GTeam.
GTeam ermöglicht es Architekten und Auftragnehmern, auf die 3D-Modelle eines Projekts zuzugreifen, ohne die großen Dateien selbst herunterladen zu müssen. Darüber hinaus haben alle Unternehmen, die am selben Projekt beteiligt sind, die Möglichkeit, über die Software miteinander zu kommunizieren. Sämtliche Änderungen des 3D-Modells können innerhalb der GTeam Cloud gespeichert und von den Mitwirkenden eingesehen werden.

In einem Interview mit Bloomberg erklärte der ehemalige Chief Technology Officer Dennis Sheldon, dass die sich verändernden Ansätze in den Bereichen Design und Baugewerbe das traditionelle Kostenmodell verschieben.
„Historisch gesehen waren Informationen stets teuer und das Material und die Energie hingegen günstig“, so Sheldon. „Momentan sinken jedoch die Kosten für Informationen und die Preise für Material sowie Energie steigen.“
Der Erfolg, den Gehry Technologies verzeichnete, scheint Sheldons Sichtweise zu bestätigen. Bevor das Unternehmen 2014 von Trimble übernommen wurde, stand es für viele hochkarätige Projekte beratend zur Seite: darunter das von Herzog & de Meuron entworfene Nationalstadion Peking und der vom Architekturbüro The Ateliers Jean Nouvel konzipierte Louvre Abu Dhabi.
Angesichts der Entwicklung von Gehry Technologies wird besonders deutlich, wie sehr Gehrys langjähriges Schaffen, mithilfe der modernen Technologie, für nachhaltige und wirkungsvolle Innovationen in der Architektur, Ingenieur- und Bauindustrie auf globaler Ebene gesorgt hat.