Intelligente Menschen nutzen intelligente Technologie
Ein Interview mit Dr. Jeong Woo
Seien Sie bei der Auswahl von Software vorsichtig und durchdacht. Vermeiden Sie Datensilos. Und verlieren Sie auf keinen Fall Ihre Sozialkompetenz und Menschenkenntnisse, nur weil Ihnen eine so große Vielfalt an Technologien zur Verfügung steht. Dies sind nur einige der Tipps, die Dr. Jeong Woo den aktuellen und zukünftigen Fachkräften der Baubranche mit an die Hand geben möchte. Dr. Woo ist promovierter Architekt und Programmdirektor für Baumanagement. Zudem ist er als außerordentlicher Professor für Bauingenieurwesen und Baumanagement an der Milwaukee School of Engineering tätig. Vor kurzem sprach er mit StrXur darüber, wie das Baugewerbe Software einsetzt, wie die neue Generation von Bauexperten ausgebildet werden sollte, und dass überfachliche Kompetenzen von besonderer Wichtigkeit sind. Dr. Woo war zudem Referent bei der Konferenz BD+C Accelerate Live!, wo er einen Vortrag über die Ausbildung der Fachkräfte als den größten Treiber für den Wandel der Technologie-Revolution der Architektur, Ingenieur- und Bauindustrie hielt.

Schon seit langem untersuchen Sie, wie das Baugewerbe Software einsetzt. Heute sind wir an einem Punkt angekommen, an dem für beinahe jeden Arbeitsablauf eine eigene App existiert. Vor drei Jahren gab es noch weniger als 50 Technologie-Startups in der Architektur, Ingenieur- und Bauindustrie – heute sind es mehr als 2.200. Sehen Sie darin die Gefahr, dass die Auswahl schlichtweg zu groß wird, und Unternehmen Software kaufen, die sie nicht benötigen/nicht bedienen können?
Zu diesem Thema habe ich gemeinsam mit meinen Studenten tatsächlich ein Forschungsprojekt durchgeführt, in dessen Rahmen wir feststellen konnten, dass die durchschnittliche Anzahl der Softwareprogramme, die Unternehmen verwenden, zwischen sieben und acht liegt – und das allein im Bereich Projektmanagement. Und die Anzahl der durchschnittlichen Funktionen, die sie von jeder Software verwenden, liegt bei 1,5 bis 2. Wenn ein Unternehmen beispielsweise eine Sicherheitsapp verwendet, ist es nicht unüblich, dass es diese lediglich für das Fotografieren und Einreichen von Sicherheitsberichten einsetzt. Zusätzlich hat ein solches Unternehmen dann noch eine Qualitätskontrollsoftware, eine weitere Sicherheitssoftware, sowie eine Gerätemanagement-Software. Das bedeutet, dass viele Unternehmen viele kleine Apps für individuelle Abläufe betreiben. Durch dieses Vorgehen entstehen im Unternehmen dann Informationssilos.
Wie bringen Sie Ihren Studenten bei, mit dieser Herausforderung umzugehen? Welche Software lehren Sie in Ihren Vorlesungen?
Sie müssen darüber nachdenken, wie sie Software-Funktionen an ihrem Arbeitsablauf ausrichten können. Wenn die Studenten wissen, wie sie bestimmte Funktionen für ihren spezifischen Arbeitsablauf einsetzen können, können sie leicht die Benutzerfreundlichkeit verbessern. Ich glaube ein weiterer Grund dafür, dass Unternehmen bestimmte Einzelaufgaben mit jeweils separaten Software-Apps erledigen, liegt darin, dass sie nicht wissen, wie sie ihre Software aussuchen sollen. Sie verlassen sich einfach auf Empfehlungen von Kollegen oder von Marketingbroschüren. Dabei achten sie oftmals nicht wirklich auf die genauen Funktionen, die sie für ihre eigenen spezifischen Arbeitsabläufe perfekt einsetzen könnten.
In vielen meiner Kurse verwende ich Bluebeam, da Bluebeam so wunderbar vielfältig ist: Es deckt die Verwaltung von Baustellen, die Erstellung von Schätzungen, von Bauzeitplänen, das Projektmanagement und das Studio zum Planen/Bauen ab. Wir nutzen zudem Studio für Abgaben, und um Bau- und Design-Dokumente hochzuladen. Projektmanagement unterrichten wir mit Procore, da es spezifische Funktionen für die Optimierung des Einreichungsprozesses von Informationsanfragen bietet. Zudem verwenden wir Navisworks für die Koordination von Bauprojekten.

Eine Botschaft, die Sie dem Publikum bei Ihrem Vortrag auf der BD+C Accelerate Live! mitgegeben haben, war die der Wichtigkeit, auch überfachliche Kompetenzen zu vermitteln – Kompetenzen, die über die Kenntnisse einer bestimmten Konstruktionsapp oder Design-Software hinausgehen. Können Sie uns etwas zu diesen Kompetenzen sagen?
Der Grund, aus dem wir bestimmte Tools oder Software einsetzen, liegt darin, dass wir unsere Effizienz, Präzision und Kommunikation optimieren möchten, richtig? Aus diesem Grund konzentrieren wir uns neben der Vermittlung der Softwarekenntnisse auch darauf, die Kommunikationsfähigkeit unserer Studenten zu verbessern. Dazu gehört der pünktliche Austausch von Informationen genauso wie die Verarbeitung und Nutzung von Informationen, um notwendige Ergebnisse zu erzielen. Das alles sind Kommunikationsfähigkeiten, und erst wenn die Studenten diese Kompetenzen, die im Umgang mit anderen Menschen wichtig sind, erlernt haben, können sie bestimmte Apps oder Softwareprogramme einsetzen, die sie in Meetings oder Präsentationen unterstützen. Kommunikationsfähigkeiten helfen dabei, Konstruktions-/Kommunikationssoftware zu verwenden. Die Studenten müssen zudem lernen, wie sie Konstruktionsdaten an einen bestimmten Arbeitsablauf anpassen können. Wenn man beispielsweise BIM-Software (Building Information Modeling) verwendet, glauben viele Leute, dass dies das gleiche wie der Einsatz von Revit für die 3D-Konstruktion ist. Aber eigentlich verwenden wir BIM aus ganz anderen Gründen, wie z. B. für die Extraktion von Mengen, die Angebotserstellung, oder die Schätzung von Materialien. Wir können viel mehr mit Konstruktionsdaten tun, als manche glauben. Studenten sollten dementsprechend lernen, Konstruktionsdaten zur Problemlösung einzusetzen.
Welchen Ratschlag würden Sie zukünftigen Experten der Branche für die Zusammenarbeit und Kommunikation mit auf den Weg geben?
Vor meinen Studenten betone ich immer, wie wichtig es ist, mit Klienten sprechen zu können, ohne sie zu verärgern. Was ich damit ausdrücken möchte: Obwohl wir so viele Tools haben, die die Kommunikation und Zusammenarbeit erleichtern, liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Baubranche immer noch in den persönlichen Beziehungen zwischen den Akteuren. Tools für die Zusammenarbeit sind natürlich hilfreich, doch vieles funktioniert nur durch echte Beziehungen. Seien Sie kollegial zu den anderen Mitgliedern Ihres Projektteams, denn nur so möchten diese auch gerne Daten mit Ihnen teilen. Gute Teamarbeit ist absolut essentiell.
Ein weiteres, ebenfalls essentielles Thema ist die Interoperabilität von Daten. Es kann katastrophale Auswirkungen haben, wenn eine Software nicht mit der anderen Software kommunizieren kann, da es Ihnen so unmöglich wird, Daten projektübergreifend zu teilen. Zu guter Letzt würde ich empfehlen, sich bezüglich innovativer Technologien immer auf dem neuesten Stand zu halten, da sie ständigem Wandel unterworfen sind. Sie sollten flexibel und anpassbar reagieren können, und die von Ihnen verwendeten Programme immer aktualisieren können.